Die Orgel in der Liebfrauenkirche ist ein Instrument aus der Werkstatt der Orgelbauer Speith. Sie zählt noch zu den deutsch-romantischen Orgelwerken, die nach den klassischen Merkmalen wie Freipfeifenprospekt und einem entsprechendem Klangbild konzipiert waren. Im Jahre 1939 erhielt die Firma Albert und Rudolf Speith den Auftrag für den Bau einer Orgel in der Liebfrauenkirche. Aber kaum war die Genehmigung erteilt, da wurde er zur Wehrmacht eingezogen. Er verbrachte dort die gesamten Kriegsjahre, so dass sein Bruder Albert gezwungen war, das Instrument allein mit Hilfe zweier Altgesellen fertigzustellen. Drei Jahre brauchten sie für dieses Werk. Dabei waren immer wieder Schwierigkeiten und Hindernisse zu überwinden:
Der gesamte deutsche Orgelbau unterlag befristeten Ausnahmegenehmigungen und Arbeitskräfte wurden vorübergehend zu Wehrübungen eingezogen. Es kam zu Materialengpässen bei Alu-Rohren, Leder, Leim, Zink und Messing. Hinzu kam die Ablieferungspflicht von Metallvorräten und schließlich 1943 ein Herstellungsverbot für Orgeln. In der Folgezeit - bis 1945 - erfolgte die Beschlagnahme aller Metallbestände, einschließlich fertiger Zinnpfeifen. Umso erstaunlicher erscheint es uns heute, wie Albert Speith es unter solchen Bedingungen fertigbrachte, unbeirrt an der Orgel weiterzubauen - mit Zinnpfeifen bis in die vierte Lage hinein. Illegale Materialbeschaffung, verbotene Transporte - er hätte für all das schwer bestraft werden können.
Er reiste mit dem Fahrrad von Rietberg nach Bielefeld und blieb dort bis zur Fertigstellung der Orgel. In den Windladen des Instrumentes fanden sich mehrere Flugblätter aus dieser Zeit und auch eine Gewehrkugel, die mit einer Krampe befestigt ist. 1953 erkrankte Albert Speith schwer und starb nach kurzer Krankheit im Alter von nur 47 Jahren.
Beim späteren Turmbau wurde die Orgel durch einströmendes Regenwasser erheblich beschädigt. 1970 wurde sie erstmals renoviert und modernisiert. Ein neuer Orgelprospekt rundete den für diese Zeit typischen Orgel umbau ab, original blieb nur das Hauptwerk. Dabei wurde auch die Rosette in der Rückwand durch eine Holzverkleidung verdeckt. Nach knapp 30 Jahren wurde dann eine weitere Renovierung nötig. Die Lederbälge und die gesamte Mechanik waren immer wieder nur notdürftig repariert worden. Bei dieser letzten Renovierung fand auch eine teilweise Zurückführung auf den Originalzustand von 1941 statt. Zusätzlich wurde die Orgel um zwei Register erweitert.
Die aufwendige Renovierung wurde durch viele große und kleine Spenden möglich. Am 2.Mai 1999 wurde die „neue“ Orgel mit einem Festhochamt und einem Orgelkonzert feierlich eingeweiht.